Seit ein paar Tagen bin ich wieder zurück in Kathmandu im Kinderheim. Mit Tessa gemeinsam habe ich mich nämlich für die insgesamt 3 Wochen ins 527km  entfernte Kakaura begeben, einem kleinen Village im Distrikt Bardiya nahe der Grenze zu Indien, um in der örtlichen Schule Matribhumi Samudaik School zu unterrichten.

Unsere Reise begann unerwartet schon am Mittwoch (30.11.2016) Abend, obwohl wir der Annahme waren, erst am darauf folgenden Tag loszuziehen. Trotz der Planänderung haben wir uns nicht in Unruhe bringen lassen und spontan noch die nötigsten Besorgungen in Thamel gemacht, sowie das Wichtigste erledigt, bevor wir 21 Tage lang nicht die Möglichkeit dazu haben sollten. Bepackt mit Koffer und Rucksack und ausgestattet mit genügend Essen für die Fahrt stiegen wir nach kurzer Dal Bhat – Stärkung um 6 Uhr ins Taxi, das uns zum Buspark brachte. Vorort waren wir erstmal etwas ratlos, was die Orientierung und die Suche nach dem richtigen Bus betraf.

Allerdings löste sich die Ungewissheit ziemlich schnell auf, als ein Passant uns zu Hilfe kam unseren Gastbruder Milan zu erreichen, der mich und Tessa abholen und die Busfahrt über begleiten sollte. Wir fuhren über Nacht, weshalb ich die 16 Stunden Fahrtzeit überwiegend mit dem Versuch zu schlafen verbrachte. Bis 22Uhr erwies sich das aber als unmöglich, da bis dato direkt vor uns ein Fernsehrbildschirm sehr hell mit schrecklich lauter nepali Musik lief. Darum war ich überaus dankbar, als die nervige Flackerkiste nach einiger Zeit endlich ausgeschaltet wurde, sodass ich mich doch noch über ein paar Stündchen Schlaf freuen durfte.

Im Vergleich zur Rückfahrt von Chitwan nach Kathmandu empfand ich diese Busfahrt als nicht allzu endlos, weshalb sie überraschenderweise gut auszuhalten war. Bei unserer Ankunft gegen 11 Uhr stellten wir zunächst einmal fest, dass es viel wärmer war, als wir es von den Temperaturen in der Hauptstadt gewohnt sind. Außerdem ist die Landschaft in diesem Teil von Nepal sehr flach und kaum bergig.

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Die nepalesische „Autobahn“
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Kakaura

Das Haus, in dem wir wohnten, war mit Abstand das Schönste im gesamten Village und gehört dem Chairman der örtlichen Schule und dessen Familie. Es hat einen traumhaften Vorgarten mit vielen Blumen und einem Gemüsebeet. Von unserer Gastmutter („Momma“) und Gastschwester („Didi“) wurden wir sehr herzlich empfangen und sogleich in das Gästezimmer geführt. Es war ein kleiner Raum mit Röhrenfernseher, einem sehr schmalen Doppelbett aus Holz mit Spiegel und Abstellfläche am Kopfende ohne Matratze und einem Bambuskleiderhaken in der Ecke.

Mir persönlich machte es weniger aus, nur auf einem Holzbrett zu schlafen, als vorwiegend die Breite des Bettes. Zu zweit war es doch recht eng, vor allem weil Tessa im Schlaf dazu neigte sich immer wieder in meine Richtung zu drehen. Auch das morgendliche nepalesische Gedudel gegen 7 Uhr aus den Lautsprechern des benachbarten Tempel, das für gewöhnlich eine halbe Stunde lang anhielt, sorgte anfangs nicht gerade für den besten Start in den Tag. Als Wecker erfüllte es jedoch seine Funktion ganz gut.

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Dusche
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Toilette

Die Toilette, ein Plumpsklo, mit angrenzendem Duschraum befand sich außerhalb des Hauses im Innenhof. Zu Beginn tat ich mich schwer, was die Benutzung anging, aber auch daran habe ich mich sehr rasch gewöhnen können.

Toilettenpapier und allgemein Abfall warfen wir einfach in die Grube vor dem Haus, die sozusagen als Mülleimer diente. Haare waschen war auch kein Problem, nachdem ich wusste wie es zu handhaben ist.

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Der Innenhof
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Tempel

Meine Gastfamilie hatte zwar eine vollständige Wohnzimmereinrichtung mit Sofa, Wohnzimmertisch und Fernseher, allgemein wird aber Komfort in Nepal nicht sonderlich groß geschrieben. Auch guten Geschmack in Bezug auf die Wahl der Möbel und Dekorationsartikel möchte ich in Frage stellen. Es war mehr Kitsch als Stil.

Außerdem lief der Fernsehr dauerhaft und das nicht selten mit aufgedrehter Lautstärke. Ironischerweise wurden oft Daily Soaps geschaut, die die perfekte Liebe vermittelten, welche übertrieben romantisch und unrealistisch durch „Modelschauspielpaare“ verkörpert wurde.

Die Küche war für nepalesische Verhältnisse eher groß und geräumig, sodass sogar ein Esstisch darin Platz hatte. Unser Geschirr mussten wir aber draußen auf der „Veranda“ am Wasserhahn abwaschen. Gegenüber des Wohnhauses befand sich der Stall für die drei Büffel und daneben ein Raum mit Feuerstelle, in dem oft Roti gebacken wurde.

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(v.l.n.r.) Ich und Asima, das Nachbarmädchen
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Im super schicken Wohnzimmer

An mein erstes Dal Bhat in Bardiya erinnere ich mich nicht gern zurück: noch pappsatt von meinem Busvesper zwang ich mich, um nicht gastunfreundlich zu wirken, das Essen in mich hinein, bis man mir zu meiner Erleichterung sagte, dass ich nicht aufessen müsse, wenn ich nicht mehr könne.

Trotz dieser unangenehmen Situation möchte ich festhalten, dass mir Dal Bhat nirgends so gut geschmeckt hat wie in Kakaura von „Didi“! Zur Erklärung: Didi kommt ursprünglich aus Pokhara, ist „the daughter in law“ und seit einem Jahr mit dem ältesten der drei Söhne verheirat, welcher zur Zeit in den United States/Georgia lebt. Sobald sie die Einreisegenehmigung erhält, wird sie ihm nachkommen. In der Wartezeit lebt sie, wie es in Nepal Standard ist, bei ihren Schwiegereltern und muss sich um den Haushalt, sowie das Essen kümmern. Mit ihr haben wir uns super verstanden. Sie war auch unsere erste Anlaufstelle, wenn wir Fragen hatten, weil sie im Gegensatz zu unserer Gastmutter recht gut Englisch sprechen konnte. Da die Sprachbarriere bei ihr ziemlich groß war, haben wir mit „Mommy“ die meiste Zeit über englische Wortfetzen und gekürzte Sätze kommuniziert, was aber zum Verständnis ausreichte.

Der erste Tag in Bardiya neigte sich schnell dem Ende zu, nachdem wir ihn mit entspannen und ausruhen verbrachten. Jetzt lagen noch ganze 20 Tage vor uns. dsc_0030