In diesem Teil meines Berichts über den Aufenthalt in Bardiya möchte ich über das nepalesische Schulleben und meine Erfahrungen als Guest-Teacher erzählen.

dsc_0165 dsc_0706Am Morgen des ersten Tages, an dem wir zum ersten Mal die Schule besuchen sollten, war meine Aufregung kaum auszuhalten. Ich hatte keine Vorstellung von dem, was auf mich zukommen könnte. Ich stellte mir das Unterrichten als unglaublich riesige Herausforderung vor, wenn man bedenkt, dass ich nicht mal vor einem Jahr noch selbst Schülerin war und meine Schullaufbahn erst diesen Jahres mit dem Abitur abgeschlossen habe. Jetzt sollte ich mit meinen 19 Jahren also plötzlich vor einer Klasse stehen und selbst Wissen vermitteln.

Die Schule befand sich 2 Minuten Fußweg entfernt auf der anderen Straßenseite der mainroad. Sie ist ganz und gar nicht mit einer deutschen Schule zu vergleichen. Was wir als Schulgebäude bezeichnen, sind in diesem Fall eher Hütten und Betonräume. Türen oder Glasfenster gab es nicht, weshalb es innerhalb der Klassenzimmer, die nur spärlich mit einem Whiteboard und Schulbänken ausgestattet waren, konstant kalt war.

Während die Klassen eins bis vier in den Lehmhütten unterrichtet wurden, befanden sich die Klassenzimmer der älteren Schüler (Klasse sechs bis acht und zehn) im Hauptgebäude über dem Lehrerzimmer und Computerraum. Über den Schulhof, der nichts weiter war als eine große Rasenfläche, gelang man zu einem Hüttchen, in dem täglich zur Pause um 13.40 Uhr Tiffin bereitgestellt wurde, das aus einem kleinen Teller Chowmain mit variierendem Zwischensnack bestand.

dsc_0168dsc_0166
dsc_0212dsc_0169

Ein normaler Schultag begann regelmäßig mit dem Assembly der Schüler auf dem Vorhof kurz vor 10 Uhr. Stets nach Klassen in Reihen geordnet und im Takt der Trommeln, die von den Jungs der 9b geschlagen wurden, führten sie Art Aufwärmübungen aus. Danach folgte das Singen der nepalesischen Nationalhymne und im Anschluss darauf das Marschieren der höheren Klassenstufen.

Die erste Schulstunde, deren Beginn auf 10.05 Uhr festgelegt ist, fiel deshalb zu unserem Ärger oftmals flach, weil ein Teil der Siebtklässler noch nicht anwesend war. In der zweiten Stunde durfte sich die 6. Klasse auf uns freuen. Auf dem Unterrichtsplan stand Grammatik und einfache Aufgaben zum Bearbeiten.

dsc_0175 dsc_0187

Die Achter forderten wir dagegen etwas mehr: Tessa erklärte,  wie man einen Pro-Kontra Essay schreibt und ließ die Schüler über Themen wie „Gender Equality“ und „Social Media“ schreiben.

In der 4. Stunde folgte Klasse 9a, die Nepalesisch als Hauptfach gewählt haben und deshalb kaum Englisch konnten. Mit ihnen übten wir einfache Standardsätze im Unterricht sowie simple Grammatik für den Anfang wie Artikel, Simple Present und Present Progressive.

Die letzte Stunde vor der Mittagspause verbrachten wir mit der 9b, die anders als die a-Klasse den englischen Zug gewählt hat. Mit ihnen konnten wir zu unserer Freude tiefgründigere Themen ansprechen und starteten daher ein „Human Rights Project“. Nach Tiffin sangen wir in den sogenannten „Rhymes-Stunden“ gemeinsam mit den ersten Klassen, die besonders Spaß an den dazugehörigen Bewegungen hatten.

Wir texteten dafür sogar das deutsche Flieger-Lied um und übersetzten es ins Englische. Mit dem Pausengong um viertel vor drei war unser Schultag beendet.

dsc_0687
Klasse 9B
dsc_0522
Klasse 9A

Als sehr positiv empfand ich die Gastfreundlichkeit des Lehrerkollegiums und des Schulleiters, der überraschend viel Vertrauen in uns hatte und konstant Rücksprache mit uns hielt, sofern er vor Ort war. Obwohl wir anfangs neben Englisch auch die Fächer „Social“ und „Computer“ unterrichten sollten, durften wir auf unsere Anfrage hin nur Englisch unterrichten.

Einige Schüler sind mir in meiner Zeit in Kakaura wirklich ans Herz gewachsen, weil sie motiviert am Lernen waren und uns mit Respekt begegnet sind, auch wenn es durchaus manchmal zu Verständigungsproblemen und Unruhen kam. Gegen Ende habe ich den Unterricht auch kaum mehr vorbereiten müssen, sondern spontan abgehalten, was natürlich weniger Arbeit und Stress bedeutete.

Außerdem wurde uns beim Abschied an unserem letzten Tag ein Zertifikat überreicht, das unsere Tätigkeit als Guest-Teacher bestätigt und sich sicherlich gut in unseren Lebensläufen macht.

dsc_0732 dsc_0729 dsc_0718
Allerdings gibt es auch Negatives anzumerken, weil beispielsweise die Lehrer ab und zu mit dem Stock in der Hand bereit standen und nicht davor zurückschreckten auszuholen.

Kinder zu schlagen, wenn sie ihre Hausaufgaben vergessen oder den Unterricht gestört haben, ist oft leider noch Gang und Gebe in Nepal. So auch an dieser Schule. Des weiteren fehlen gute Unterrichts- und Lernmethoden, die den Schülern helfen Thematiken verständlich zu vermitteln.

Nicht selten geht es nur darum, Texte abzuschreiben und auswendig zu lernen. Mir wurde zudem klar, dass drei Wochen nicht ausreichen, um möglichst viel und Wichtiges den Kindern mitzugeben, da das Basiswissen (Satzbau, fehlender Wortschatz) absolut nicht vorhanden war, was definitiv dem schlechten Bildungssystem und den nicht ausreichend gut ausgebildeten Lehrern zuzuschreiben ist.

Dennoch habe ich mein Bestes gegeben und versucht, den Schülern in meinen Augen das Nötigste mit auf den Weg zu geben und sie zu motivieren, an ihren Träumen und Zielen im Leben festzuhalten.  dsc_0172
Rückblickend betrachtet bereue ich überhaupt nicht nach Bardiya gefahren zu sein! Trotz meiner Zweifel am Anfang bin ich sehr froh, mich dafür entschieden zu haben. Es ist eine gute Möglichkeit eine andere Seite von Nepal zu sehen und zumindest etwas an der Bildung der Kinder beizutragen. Ich bin super dankbar für die Erfahrungen, die ich dadurch machen durfte. Daher empfehle ich allen zukünftigen Praktikanten des „Haus der Hoffnung“, die für mehr als 3 Monate in Kathmandu leben, die Reise nach Kakaura weiter!